Migrant background

Definition von Migrationshintergrund

Nach der Definition des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hat eine Person dann einen Migrationshintergrund, „wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist.“

Damit umfasst die Definition zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländer*innen, Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedler*innen. Auch in Deutschland geborene Deutsche haben einen Migrationshintergrund, sofern mindestens eines ihrer Elternteile Ausländer*innen, Eingebürgerte oder Spätaussiedler*innen sind. In der darauffolgenden Generation spricht man dann offiziell nicht mehr von einem Migrationshintergrund.[1]

Migrationsanteile in Deutschland

Gemäß dieser Definition hat fast jede*r Vierte in Deutschland einen Migrationshintergrund. Etwa die Hälfte von ihnen ist Ausländer*in, gut zwei Drittel hat eigene Migrationserfahrung. Mehr als zwei Drittel aller Menschen mit Migrationshintergrund hat Wurzeln im europäischen Ausland. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts suggerieren einen zukünftig stetigen Anstieg an Menschen mit Migrationshintergrund, erfüllen doch fast 40 Prozent aller in Deutschland lebenden Kinder unter fünf Jahren die oben genannten Kriterien.[2]

Problematischer Begriff

Mit dem Begriff ist die problematische Trennung in Wir und die anderen verbunden, die zu Spaltung, Stigmatisierung und Abgrenzung innerhalb einer Bevölkerung führen und bei den Betroffenen ein Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit zur (Mehrheits-)Gesellschaft verstärken kann. Somit trägt der Begriff nicht unbedingt zum gesellschaftlichen Zusammenwachsen bzw. Miteinander verschiedener kultureller Hintergründe bei.

Darüber hinaus impliziert der Begriff eine weitgehend homogene Gruppe von Menschen, die in der Realität vollkommen vielfältig ist, und das nicht nur bezogen auf ihre kulturellen Einflüsse und Wertvorstellungen, sondern auch hinsichtlich ihrer sozioökonomischen Stellung in der Gesellschaft (Bildung, Einkommen, Berufs- und Wohnsituation u.v.a.).

Ihr (kleinster) gemeinsamer Nenner besteht zugespitzt formuliert lediglich darin, nicht „uneingeschränkt“ deutsch zu sein.

Begriffsegitimierung

Damit stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Begrifflichkeit, die sich am ehesten aus sozialwissenschaftlicher Perspektive erklären lässt. Spätestens seit den 80er Jahren stellte die Forschung individuelle Probleme und strukturelle Benachteiligungen bei den so genannten Gastarbeiter*innen und ihren Familien fest, etwa im Bereich der Bildung, des Arbeitsmarktes oder der sozialen Teilhabe.

Forderungen nach entsprechenden Fördermaßnahmen speziell für Ausländer*innen wurden laut. Vergleichbare Problemlagen tauchten jedoch auch noch in der in Deutschland geborenen Nachfolgegeneration sowie bei Zugewanderten mit deutscher Staatsangehörigkeit (z.B. Aussiedler*innen) auf, sodass das Merkmal „Ausländer*in“ zugunsten der Wortneuschöpfung „Menschen mit Migrationshintergrund“ aufgegeben wurde.

Aus förderpolitischer Perspektive kann es also durchaus Sinn ergeben, Menschen mit Migrationshintergrund als besondere Zielgruppe zu definieren und spezifische Hilfsangebote für diese Gruppe zu konzipieren. Deshalb beansprucht der Begriff gerade in der Sozialen Arbeit bis heute eine Daseinsberechtigung.

Positivierung

Inzwischen hat sich das Merkmal „Migrationshintergrund“ im Lichte zunehmender Globalisierung auf dem Arbeitsmarkt teilweise sogar als positiver Faktor herauskristallisiert. Immer mehr Arbeitgeber assoziieren damit nämlich zusätzliche Soft-Skills wie Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenzen oder Problemlösungskreativität. Diese positive Entwicklung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Menschen mit Migrationshintergrund in wichtigen gesellschaftlichen Teilbereichen nach wie vor nicht angemessen teilhaben.[3]

"Migrationshintergrund" beim Multikulturellen Forum

Auch das Multikulturelle Forum betrachtet den Begriff aufgrund seiner ausgrenzenden Eigenschaft durchaus skeptisch. Seine Angebote richten sich grundsätzlich an alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, Nationalität oder ethnischer Herkunft.

Eine Differenzierung zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund widerspräche den Grundsätzen des Vereins, das kulturelle Verschiedenheit als Bereicherung versteht und sich für das Miteinander von Kulturen und Menschen in einer von Respekt und gegenseitiger Akzeptanz geprägten Gesellschaft mit gleichen Rechten, Pflichten und Chancen für alle einsetzt.

Gleichzeitig ist uns bewusst, dass zur Sicherstellung von Chancengleichheit und gleichberechtigter Teilhabe jene Menschen besonders in den Fokus genommen werden müssen, die gegenwärtig noch vielerlei Benachteiligungen ausgesetzt sind. So richten sich Integrationskurse und berufsbezogene Deutschkurse explizit an Menschen mit Migrationshintergrund, um ihre sprachlichen Kompetenzen zu erweitern.

Durch migrationssensible Maßnahmen möchte es die gesellschaftliche Teilhabe am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Hinzu kommen zielgruppenspezifische Angebote (z.B. für geflüchtete Frauen oder Mütter mit Migrationshintergrund), die durch passgenaue Qualifizierung und Beratung insbesondere die Erwerbsintegration dieser Bevölkerungsgruppen fördern.

 

 

[1] Statistisches Bundesamt: Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Ergebnisse des Mikrozensus, Wiesbaden 2017.

[2] Statistisches Bundesamt: Mikrozensus – Bevölkerung mit Migrationshintergrund, 2017, abgerufen bei der Bundeszentrale für politische Bildung, 26.9.2018

[3] Vgl. 11. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2016): Teilhabe, Chancengleichheit und Rechtsentwicklung in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland, Berlin.

Angebote

  • Vier Frauen unterhalten sich im Stuhlkreis
    © iStock.com/Kritchanut

    Integrationskurse

    Integrationskurse bestehen aus Sprach- und Orientierungsmodulen. Mit bestandener Prüfung wird das Sprachniveau B1 bzw. A2 nach dem „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen“ bescheinigt.
    Locations Lünen Hamm Dortmund Düsseldorf Bergkamen
  • Mann hält die Buchstaben J O B in die Kamera
    © Robert Kneschke (www.robertkneschke.de)

    Coaching- und Vermittlungscenter

    Richtet sich an Erwachsene (25-49) mit Migrationshintergrund im SGB-II-Leistungsbezug; AVGS-Maßnahme.
    Locations Hamm
  • Wordcloud mit verschiedenen Begriffen zum Thema Integration

    Integrationsagentur

    An den Standorten Lünen, Bergkamen und Düsseldorf stärkt die Integrationsagentur bürgerschaftliches Engagement im Bereich der Integration und fördert die Qualifizierung ehrenamtlich Aktiver und die Eigeninitiative von Migrantenorganisationen.
    Locations Lünen Düsseldorf Bergkamen
  • Frau hängt Karte mit der Aufschrift "Prävention" an eine Pinnwand, vier junge Workshopteilnehmende schauen zu
    © Isabella Thiel

    Workshops und Seminare im Bereich Gesellschaft und Prävention

    Auswahl von Workshops zur Demokratiebildung und Präventionsarbeit im Bereich der Jugendarbeit, die das Multikulturellen Forum in Schulen, (Jugend-)Vereinen und anderen Einrichtungen auf Nachfrage durchführt.
    Locations Lünen Hamm Dortmund Düsseldorf Bergkamen

Vergangene Angebote

  • Titelcover vom Projektflyer

    Gemeinsam Lernen im Dialog

    Ziel ist die weitere Stärkung und Unterstützung der muslimischen und alevitischen Sozialarbeit vor Ort. Im Fokus stehen die Bereiche Qualifizierung, Vernetzung, Beratung und Begleitung.
    Locations Lünen Bergkamen
  • weißes Labyrinth auf pinkem Hintergrund mit vier Sprechblasen und sechs Icons sowie "Willkommen im Job" in der Mitte

    Starke Mütter – Starke Unternehmen Plus

    Unternehmen für die Potenziale von Müttern mit Migrationshintergrund sensibiliseren; Mütter mit Migrationshintergrund in die Arbeitswelt (rück-)integrieren.
    Locations Lünen Dortmund Bergkamen

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