Mosaik e.V. und MentForMigra gewinnen Multi-Kulti-Preis
Eindrücke von der Verleihung des Multi-Kulti-Preises am 13. Juni 2023 im Düsseldorfer Maxhaus
Anerkennung für vorbildliches Engagement
Wieder einmal haben wir den Multi-Kulti-Preis ausgeschrieben und zahlreiche wertvolle Bewerbungen erhalten. Seit 2005 ehrt das Multikulturelle Forum damit Initiativen, Projekte, Vereine, Institutionen und Privatpersonen, die sich vorbildlich für das multikulturelle Miteinander engagieren.
Die Bewerber*innen richten sich mit ihren Angeboten an die unterschiedlichsten Ziel‐ und Altersgruppen. Sie zeigen mit ihren verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten die große Vielfalt des Engagements auf: Von Initiativen für Kinder mit Behinderungen bis zur Senior*innenarbeit, von Spieltreffs bis Medienprojekten, von Kulturarbeit bis Sportangeboten, von psychologischer Beratung bis hin zu Bildungs‐ und Begegnungsangeboten war alles dabei.
Gerne hätten wir jede einzelne ausgezeichnet. Aber die Jury, bestehend aus unserem Geschäftsführer Kenan Küçük, unserer Kollegin und Preiskoordinatorin Canan Çabuk, der freien Journalistin Sun‐Hie Kunert sowie Ahmet Sinoplu von Coach e.V. und Lilja Galarza von nouranour e.V., beides Multi‐Kulti‐Preisträger*innen aus 2022, musste sich nun einmal entscheiden.
Die Jury hat das Engagement zweier Bewerber*innen als gleichermaßen vorbildhaft und besonders bewertet, dass sie einstimmig beschlossen hat, den Titel und auch das Preisgeld zu teilen. Zu diesem Zweck erhöhte das Multikulturelle Forum das Preisgeld, sodass nun zwei je mit 1.500 Euro dotierte Preise vergeben werden konnten.
Förderung des interkulturellen Dialogs: Mosaik e.V.
Mosaik e.V. setzt sich seit 2007 für ein friedliches und solidarisches Zusammenleben aller Menschen ein und fördert den interkulturellen Austausch in Düsseldorf.
Ob im monatlichen „Café Mosaik“ als interkulturellem Treffpunkt, bei Lesungen, Konzerten oder Kochworkshops – stets gelingt es dem ausschließlich ehrenamtlich aufgestellten Verein, den Fokus auf Begegnung und Austausch über geographische, ethnische oder kulturelle Grenzen hinweg zu legen und eine sehr vielfältige Zielgruppe zu erreichen.
Die Gründung des „Hauses der Kulturen“ in Düsseldorf ist auch dem hartnäckigen Einsatz des Vereins zu verdanken und wird nicht nur ein Zeichen, sondern auch ein Ort für den Dialog in Vielheit sein.
Die Jury würdigt insbesondere die authentische rassismuskritische Haltung des Vereins, der es geschafft hat, in der Aufklärungs‐, Erinnerungs‐ und Vernetzungsarbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus kontinuierlich am Puls der Zeit und mit relevanten Akteur*innen vernetzt zu agieren.
Der Verein sei, so die Jury, in Düsseldorf zu einer festen Institution geworden und habe dabei seine Türen immer wieder auch neuen Gruppen geöffnet – beispielsweise geflüchteten Menschen, die seit 2015/16 verstärkt nach Düsseldorf kamen. Für seinen langjährigen interkulturellen und friedensstiftenden Einsatz erhielt der Verein die Anerkennung der Jury.
Mehr Bildungs- und Chancengleichheit: MentForMigra
MentForMigra unterstützt seit 2015 Kinder und Jugendliche aus eingewanderten Familien auf ihrem Bildungsweg. Die von MentForMigra vermittelten ehrenamtlichen Mentor*innen begleiten gymnasialgeeignete Kinder ab der Grundschule engmaschig.
In wöchentlichen Treffen unterstützen sie sie in ihrer bildungssprachlichen Entwicklung sowie in der Vorbereitung auf Arbeiten und Vorträge. Darüber hinaus stärken sie sie in ihrem Selbstbewusstsein und stehen als konstante Ansprechpersonen für schulische und private Fragen zur Verfügung.
Die Jury würdigte insbesondere die sehr konkrete und weichenstellende Unterstützung an dem wichtigen Übergang Grundschule – weiterführende Schule als großen Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit. Außerdem zeigte sie sich beeindruckt von den Auswirkungen des Engagements, das sich längst nicht mehr ausschließlich auf die Kinder beschränkt.
So werden beispielsweise auch die Eltern der Kinder über das deutsche Bildungssystem informiert, in ihrer gesellschaftlichen Integration unterstützt und bekommen Hilfestellung bei der Suche nach Deutschkursen, Qualifizierung oder Arbeit.
Hervorzuheben sei außerdem die potenzialorientierte, wertschätzende Haltung der Organisation, die großen Wert auf die Fortbildung ihrer Mentor*innen legt und diese im Vorfeld interkulturell sensibilisiert. Auf diese Weise gelingt MentForMigra auf vorbildliche Art und Weise, einen Austausch von Menschen auf Augenhöhe zu initiieren, bei dem alle auch Lernende und Lehrende sind.
Das kontinuierliche Engagement, das vielen Kindern ermöglicht, ihre Potenziale vollständig zu entfalten, und mit ihren Familien in der Gesellschaft anzukommen, verdiente die Anerkennung der Jury.
Über 100 Gäste bei der Preisverleihung
Die Preisverleihung fand am 13. Juni 2023 unter Beteiligung zahlreicher Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft im Düsseldorfer Maxhaus statt. Stellvertretend für den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Stephan Keller, begrüßte die Beigeordnete für Kultur und Integration, Miriam Koch, die über 100 Gäste.
Die Laudatio für die Preisträger*innen hielt der Vizepräsident des NRW-Landtages, Rainer Schmeltzer. Dieser lobte nicht nur den vorbildlichen Einsatz der beiden Preisträger*innen eindrücklich, sondern bekräftigte auch den wichtigen Vernetzungscharakter der Veranstaltung:
"Hier finden sich Engagierte aus ganz Nordrhein-Westfalen zusammen, von Frechen bis Detmold, Krefeld bis Bielefeld. Ich danke dem Multikulturellen Forum dafür, dass es jedes Jahr eine so bunte Bühne für gelungenes gesellschaftliches Miteinander schafft"
Sorge um demokratische Verfassung
Bei Fingerfood und musikalischen Klängen der Sängerin Ipek Reçber und ihren Musiker Kollegen wurde gefeiert, gelacht und sich ausgetauscht. Es gab aber auch mahnende und kritische Worte an diesem Abend.
In seiner Begrüßungsrede sprach unser Geschäftsführer Kenan Küçük u.a. über die aktuelle demokratische Verfassung unserer Gesellschaft, die Integrität von Menschenrechten sowie über die humanitäre Einstellung in Politik und Gesellschaft. Gäbe es heute Bundestagswahlen, wäre die AfD möglicherweise zweistärkste Kraft, gab er zu bedenken und fragte anschließend:
"Woran liegt es, dass die AfD so hohe Zustimmungsraten genießt? Ist es nur eine Art „Denkzettel“ unzufriedener und besorgter Wählerinnen und Wähler, der rasch wieder abebben wird? So liest man es aktuell vielerorts. Doch diese Gelassenheit macht mir Sorgen, denn wir sprechen hier über eine Partei, die als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet wird, deren Jugendorganisation als rechtsextrem eingestuft wurde."
Gleichzeitig stellte Küçük fest, dass die anderen Parteien immer mehr die Hemmung verlieren, sich rechtsextremen Parteien anzunähern, sich ihren Narrativen zu bedienen oder gar mit ihnen zu taktieren. Auch bleibt die öffentliche Empörung nach menschenfeindlichen oder geschichtsrevisionistischen Aussagen mittlerweile aus.
Warum übersehen wir, wie sie längst die politischen Debatten weiter nach rechts verschoben haben? Warum erkennen wir nicht, dass ihr Gift, Menschen auszuschließen, längst auch außerhalb von Migrationsdebatten erfolgreich ist?
Deutliche Kritik an Europäischer Asylpolitik
Besorgt zeigt sich unser Geschäftsführer auch über die jüngsten Beschlüsse der EU-Innenminister*innen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem. Diese sind weder menschenrechtskonform umsetzbar, noch geeignet, um die Krise der Migrationspolitik in Europa zu beenden. Vielmehr befeuern die neuen Vorschläge die Forderungen rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien und Regierungen nur weiter.
Wenn Nancy Faeser von „einem historischen Erfolg für die Europäische Union, für eine neue, solidarische Migrationspolitik und für den Schutz von Menschenrechten“ twittert, dann meint sie bis zu zwei Jahren Haft für Menschen, nur, weil sie Hilfe gesucht haben.
Zustimmung erhielt Küçük an diesem Abend von der Beigeordneten für Kultur und Integration der Landeshauptstadt Düsseldorf. Miriam Koch bezeichnete den Kompromiss der EU-Innenminister*innen als einen Rückschlag für die Willkommenskultur in diesem Land. Schon der Türkei-Deal im Jahr 2016 sei ein Fehler gewesen. Nun droht die Europäische Union ein weiteres mal fatale Signale zu senden.
Koch verweist in diesem Zusammenhang auf die vielen Kommunen in ganz Europa, die sich bereit zeigen mehr geflüchtete Menschen aufzunehmen. Auch Düsseldorf sei weiterhin solidarisch mit schutzsuchenden Menschen und habe die humanitären Herausforderungen der vergangenen Jahre stets vorbildlich gemeistert. Dies verdanke man insbesondere dem großen Engagement in der Zivilgesellschaft, das viel mehr Anerkennung verdiene.
Die Gäste waren sich an diesem Tag einig darin, dass es gut und wichtig ist, vorbildliches Engagement sichtbar zu machen und auszuzeichnen. Einigkeit besteht aber auch in der Feststellung, dass es weiterhin viel zu tun gibt. Gerade in diesen Zeiten lautet das Gebot der Stunde:
- Laut sein, wenn Menschenrechte beschnitten werden sollen.
- Wachsam sein, wenn Bilder erzeugt, Stimmung gemacht, Narrative verbreitet werden sollen.
- Wütend sein, wenn die Strukturen, die eine Gesellschaft der Vielen braucht, noch immer auf sich warten lassen.
- Konstruktiv sein und die Wut in Ideen, Konzepte und Aktionen münden lassen, die unsere Gesellschaft für alle hier Lebenden besser macht.
- Zusammen sein, denn nur zusammen kann uns diese Transformation gelingen!
Unterstützer*innen des Multi-Kulti-Preises 2023
Die finanzielle Unterstützung von unterschiedlichen Unternehmen ermöglichen jedes Jahr die Planung, Ausschreibung, Durchführung und Ausrichtung des Multi-Kulti-Preises - vom Flyer über die Pressearbeit, von der Bewerberauswahl bis zur Jurysitzung, von der Preisverleihung bis zum Preisgeld können die verschiedenen Etappen und Aspekte Dank dieser Unterstützung finanziert werden. Wir bedanken uns bei unseren Unterstützern des diesjährigen Wettbewerbs: Signal Iduna, Volksbank Lünen, Sparkasse an der Lippe, VSM, Jahry & Hausmann, Autohaus Rüschkamp, Brockhaus AG, WBG Lünen, Koffler, Forum multi-kulti gGmbH, Kinay Architekten.