Antisemitismus als gesamtgesellschaftliches Problem

Jugendliche besuchen jüdischen Friedhof

Mit vielfältigen Ansätzen und Methoden gegen Vorurteile, Hass und Gewalt

Ein Schüler wird von anderen Schülern angefeindet, ausgegrenzt und geschlagen, weil er Jude ist. Er verlässt schließlich die Schule, weil er sich dort nicht mehr sicher fühlt. Weil sie die jüdische Kopfbedeckung Kippa trugen, wurden zwei junge Männer auf offener Straße beleidigt und mit einem Gürtel attackiert.

Immer wieder werden Vorfälle wie diese bekannt, bei denen Menschen jüdischen Glaubens antisemitisch belästigt, beleidigt und mitunter sogar angegriffen werden.

Antisemitismus in Deutschland

Antisemitismus in Deutschland ist ein Problem, und zwar nicht nur seit einigen Wochen, in denen die Medien das Thema vermehrt aufgegriffen haben. Seit jeher ist Antisemitismus ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, durchaus auch in der so genannten Mitte der Gesellschaft weit verbreitet.

Mitnichten lässt sich das Problem auf rechte Randgruppen marginalisieren, es ist auch nicht – wie es die öffentliche Diskussion  gerne postuliert – vornehmlich unter muslimischen Migrant*innen zu finden. Letzteres geht nicht selten einher mit Kollektivzuschreibungen und einem Generalverdacht gegenüber Menschen, denen diese Gruppenzugehörigkeit zugeschrieben wird.

Antisemitismusarbeit

Antisemitismusarbeit in einer Einwanderungsgesellschaft, wie Deutschland eine ist, muss das Thema multiperspektivisch angehen: Welche Biographien und Narrative beeinflussen die Einstellungen der Menschen? An welchen Stellen wird der deutsche Antisemitismus auf bestimmte Gruppen projiziert? Wie kann Holocaust Education bei Menschen mit Migrationshintergrund gelingen? Wie kann Antisemitismus bei Muslimen thematisiert, aber gleichzeitig auch antimuslimischer Rassismus benannt werden?

Mit verschiedenen Projekten und Veranstaltungen gegen Antisemitismus setzt sich das Multikulturelle Forum e.V. für ein friedliches und freundschaftliches Zusammenleben aller hier lebenden Menschen ein. Dies geschieht auf unterschiedlichen Ebenen, sowohl auf dem Gebiet der politischen Bildung, als auch in der kulturellen Begegnung.

Projekt "Objektiv"

Im Projekt „Objektiv – Junge Medienmacher mit Durchblick“ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben“ werden junge Menschen im Alter von 16 bis 27 im Umgang mit Medien geschult. Ihr Blick wird dafür geschärft, inwiefern und auf welche Weise in verschiedenen Medienformaten jüdische Klischees, Stereotype, Vorurteile und Antisemitismen verbreitet werden. Hierbei werden nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Medien  wie beispielsweise arabische, türkische oder russische verwendet.

In den Workshops lernen sie, Medien kritisch zu betrachten und ihre eigene Meinungsbildung zu hinterfragen. Zusätzlich zu den Medienschulungen werden Begegnungen zwischen den Teilnehmenden und gleichaltrigen Jüdinnen und Juden gefördert, sowie die Möglichkeit geboten, jüdische Gemeinden zu besuchen und mehr über das Judentum in Deutschland zu erfahren. Nachdem die Jugendlichen auf diese Weise geschult und sensibilisiert wurden, werden sie angeregt, eigene vorurteilsfreie und antisemitismuskritische Medien zu erstellen.

Kinder sehen Puppentheater

Kinderpuppentheater der besonderen Art

Um den Menschen einen Einblick in den jüdischen Alltag zu geben, organisiert das Multikulturelle Forum verschiedene Veranstaltungen, die sich mit dem jüdischen Leben in Deutschland beschäftigen. Am 09.05.2018 besuchte das jüdische Kinderpuppentheater „Bubales“ mit der Gründerin Shlomit Tulgan, einer türkisch- tämmigen Jüdin aus Berlin, die Sultan Ahmet Moschee (DITIB) in Hörde.

Bereits zu Beginn der Veranstaltung zeigte sich, dass die Unterschiede zwischen Menschen, wie sie für Erwachsene zu sehen sind, für Kinder nicht unbedingt existieren. Auf die Frage „Ich bin Jüdin, und was seid ihr?“ während der Vorstellung antwortete ein Kind „Menschen!“

 

Diskutierende bei der Abendveranstaltung „Jüdisches Leben in Deutschland“

Lesung mit Podiumsdiskussion

Auf die Vorführung des Kindertheaters folgte die Abendveranstaltung „Jüdisches Leben in Deutschland“, bei der Shlomit Tulgan ihren Beitrag aus der Lesereihe „Daughters and Sons of Gastarbeiters“ vortrug.

Des Weiteren bereicherte Ármin Langer den Kulturabend um eine Lesung aus seinem Buch „Ein Jude in Neukölln“, in welchem er die Arbeit seiner Salaam-Shalom-Initative für die Verständigung von Juden und Muslimen beschreibt.

Gemeinsam mit Derviş Hızarcı von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA e.V.) und Max Kolbasner vom Studentenverband der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund nahmen beide im Anschluss an die Lesungen an einer Podiumsdiskussion teil, bei der das Publikum die Möglichkeit hatte Fragen zu stellen.

Vertreter jüdischer und muslimischer Einrichtungen tauschten sich über Antisemitismusarbeit aus

Netzwerkarbeit

Zuvor hatte am 8. Mai 2018 unter dem Motto „Building coalitons!“ auf Initiative der KIgA e.V. in Dortmund mit dem Multikulturellen Forum als lokalem Partner eine Regional-Konferenz mit VertreterInnen von jüdischen und muslimischen Einrichtungen stattgefunden. Die Teilnehmenden wollen Bündnisse bilden und sich künftig gemeinsam noch aktiver gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus in Dortmund engagieren.

 

Besucherinnen bei der Ausstellung

Ausstellung über jüdische Alltagskultur

Noch immer zu sehen sind ausgewählte Module der Ausstellung „L’Chaim – Auf das Leben“. Die von KIgA e.V. konzipierte Ausstellung zeigt den Alltag von Jüdinnen und Juden, die heute Berlin als ihre Heimat bezeichnen.

Es sind Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sozialisation und Interessen, vom Gemeinderabbiner bis zum Punk, die zu Themen wie Berlin und Deutschland, Beruf, Familie, Sexualität und ihrem Verhältnis zur Religion Auskunft geben.

Antisemitismus an Schulen

Antisemitische Vorfälle der jüngsten Zeit lassen den Eindruck entstehen, dass sich die Grenzen des Sag- und Machbaren verschoben haben. Auch vor dem Schulalltag macht diese Entwicklung nicht halt: Im Unterricht treffen Lehrerinnen und Lehrer auf herausfordernde Äußerungen zum Nahostkonflikt. Zudem ist auf dem Schulhof ist „Jude“ inzwischen wieder verstärkt zum Schimpfwort geworden.

Um LehrerInnen über Antisemitismus zu informieren und ihnen pädagogische Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, veranstaltet das Multikulturelle Forum am 11.07.2018 ein Fachforum unter dem Titel „Antisemitismus im Schulalltag“, bei dem auch der Diskurs vom „importierten Antisemitismus“ kritisch durchleuchtet wurde.

Jugendaustausch

Junge Menschen in Deutschland und Israel haben diverse kulturelle, religiöse und nationale Identitäten. Viele von ihnen kommen aus Familien mit Migrationsgeschichte. Oft sind sie sogar selbst nach Israel oder Deutschland immigriert.

Vom 08. – 14.10.2018 wird deshalb gemeinsam mit ConAct – Coordination Center German-Israeli Youth Exchange – ein deutsch-israelischer Jugendaustausch durchgeführt. Hierbei soll es darum gehen, sich mit dem deutsch-israelischen Diskurs als Einwanderungsgesellschaft zu befassen und zu überprüfen, wie die Vielfalt beider Länder und die Multikulturalität im Jugendaustausch berücksichtigt werden können.

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