Fachforum „Phänomenübergreifender Extremismus“

Vortrag zum Thema "Phänomenübergreifender Extremismus"

Was Islamisten und Rechtsextreme verbindet

Ideologien der Ungleichheit und Konzepte gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit lassen sich bei Extremisten unterschiedlichster Couleur wiederfinden. Dichotome Ansichten, welche die Welt in überlegene und unterlegene Kulturen/Ethnien oder in Gläubige und Ungläubige aufteilen, sind oft das gemeinsame Merkmal verzerrter und vereinfachter Wahrnehmungen sozio-politischer Gegebenheiten.

Angesichts des Zulaufs bei Rechtsextremen und Islamisten stellt sich die Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Aus historischer Sicht haben beide Lager einiges gemein, was teilweise auf die Übernahme von aus Europa stammenden Ideologiefragmenten seitens nahöstlicher Islamisten und Nationalisten zurückgeht.

Moderner Antisemitismus als Paradebeispiel

Der moderne Antisemitismus steht hierfür als Paradebeispiel, aber auch die Ablehnung einer offenen, pluralistischen Gesellschaftsordnung sowie die Verneinung einer Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen lassen Kongruenzen erkennen. Während das konservative Rollenbild der Frauen in beiden Ideologien Ähnlichkeiten aufweist, werden dennoch Aufgaben wie Propaganda, Unterstützung und aktive Anwerbung zunehmend von Frauen übernommen. Gender-relevante Themen dienen hierbei oft als Katalysator für eine verstärkte Hinwendung weiblicher Mitglieder.

Lebhafte Diskussion beim Fachforum

Beim Fachforum „Phänomenübergreifender Extremismus“ diskutierten rund 30 Fachexpert*innen, Pädagog*innen und Fachkräfte aus der Jugend-, Sozial- und Polizeiarbeit die wechselseitigen Bestätigungsprozesse in den Narrativen rechtsextremer und islamistischer Ideologien.  Durchleuchtet wurden die mitunter geschlechtsspezifischen Hinwendungsmotive und Strategien extremistischer Gruppierungen sowie mögliche Gegenstrategien.

Anerkennungskultur im rechten Spektrum

„Im rechten Spektrum bekommen Neueinsteiger recht schnell Aufgaben, die sie übernehmen dürfen. Für diese Aufgaben erhalten sie Anerkennung und diese sorgt für eine schnelle Zugehörigkeit zur Gruppe“, erklärt Prof. Dr. Dierk Borstel von der Fachhochschule Dortmund. In seinem Vortrag betrachtete er das Thema aus soziologischer Sicht und setzte sich schwerpunktmäßig damit auseinander, wofür Rechtsextreme sind und stehen. Laut Borstel fokussiert sich die Forschung noch viel zu sehr eher darauf, wogegen Rechtsextreme sind.

Vortrag zum Thema "Phänomenübergreifender Extremismus"

Online-Ansprachen im salafistischen Spektrum

Nora Fritzsche von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW e.V. stellte das Projekt „Plan P. – Jugend stark machen gegen salafistische Radikalisierung“ vor. Sie nahm dabei den Blick aus primarpräventiver Sicht ein. „Aktuell sind es gerade die Online-Ansprachen aus der salafistischen Szene, die die Jugendlichen vermehrt erreichen. Die Ansprachen sind dabei so subtil, dass Jugendliche die Inhalte kaum als demokratiegefährdend wahrnehmen.“ Die Herausforderung für die pädagogische Praxis liegt zudem darin, dass die Jugendlichen die Antworten auf für sie relevante Themen im Internet suchen und nicht zum Beispiel beim Iman um Rat bitten, so Fritzsche.

Wertschätzung auf Augenhöhe

Dr. Frank Greuel vom Deutschen Jugendinstitut stellte abschließend einzelne Bereiche aus der durchgeführten Evaluation der Modellprojekte des Bundesprogramms „Demokratie Leben“ vor. „Wichtige Erkenntnisse sind, dass wir Jugendliche nur dann erreichen können, wenn ein wertschätzendes Agieren auf Augenhöhe und eine Orientierung an der Lebenswelt der Jugendliche gegeben ist.“

Für Dierk Borstel ist Demokratieentwicklung „kein Projekt mit Anfang und Ende, sondern eine Daueraufgabe.“ Wichtig sei es, eine klare Haltung einzunehmen und damit den Gegnern der Demokratie aktiv und oft zu widersprechen.

Das Fachforum fand am 12. Juni 2019 im Jugendgästehaus Adolf Kolping in Dortmund statt. Organisiert wurde es durch das Projekt „Dortmunder Durchblick“ des Multikulturellen Forums im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben“.

Standorte