Sichere Fluchtwege aus Afghanistan schaffen

Multikulturelles Forum fordert gemeinsam mit seinem Spitzenverband, dem Paritätischen, Rettung aller gefährdeten Menschen
Nach der Machtübernahme der Taliban befinden sich unzählige Menschen in Afghanistan in akuter Lebensgefahr. Für Kenan Küçük, Geschäftsführer des Multikulturellen Forums, ist klar, hier stehen Deutschland und die EU mit in der Verantwortung: “Seit 20 Jahren haben die ausländischen Streitkräfte das Geschehen in Afghanistan bestimmt, nun können wir nicht sagen, die Folgen gehen uns nichts an.” Auch dass die öffentliche Diskussion sich verstärkt um die Vermeidung weiterer Fluchtbewegungen nach Deutschland dreht, kritisiert Küçük stark: “Der vielfach zitierte Satz, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, ist ein Schlag in das Gesicht vieler Geflüchteter, die alles hinter sich lassen mussten und nun alles daran setzen, Teil unserer Gesellschaft zu sein.”
Gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem das Multikulturelle Forum angehört, fordert er die schnellstmögliche Evakuierung aller Menschen aus dem Land, die in akuter Gefahr sind. Auch Deutschland müsse hier seinen Beitrag leisten. Neben Ortskräften deutscher Ministerien, NGOs und Stiftungen gehe es auch um Journalist:innen; Wissenschaftler:innen, die in Deutschland studiert oder geforscht haben, sowie andere besonders Gefährdete wie etwa Menschenrechtsverteidiger:innen, Frauenrechtsaktivist:innen, Autoren:innen, Künstler:innen, Sportler:innen und Angehörige religiöser und sexueller Minderheiten sowie ihre Familienangehörigen. Auch die Familienangehörigen der in Deutschland anerkannten Flüchtlinge, die seit langem auf die Ausreise warten, müssten mit ausgeflogen werden. „Es ist schockierend und beschämend, was uns Ratsuchende über die Situation ihrer Angehörigen in Afghanistan berichten. Die Fehleinschätzungen der letzten Wochen kosten Menschenleben,“ konstatiert Küçük.
"Für Bürokratie und deutsche Ordnungsliebe ist schlicht keine Zeit. Jetzt gilt es wirklich allen bedrohten Menschen ohne Ansehen des Status so schnell wie möglich, unbürokratisch und engagiert zu helfen", fordert auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Deniz Greschner, Sprecherin des Forums der Migrant*innen im Paritätischen, mahnt: "Aus 2015 zu lernen, heißt ausreichende, sichere Fluchtwege für die Geflüchteten zu eröffnen und die Grenzen in Europa für sie offen zu halten.”
Neben der schnellstmöglichen Evakuierung Gefährdeter müssten die Nachbarstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Region im Wege der Nothilfe unterstützt und durch die Aufnahme Geflüchteter aus den Erstaufnahmeländern entlastet werden, so der Paritätische Wohlfahrtsverband. Es müssten sichere und legale Zugangswege geschaffen werden, so der gemeinsame Appell an Deutschland und die EU. Auch bei steigenden Flüchtlingszahlen dürfe es keine Grenzschließungen geben, um katastrophale humanitären Folgen zu vermeiden.