Sprache schafft Wirklichkeit

Karteikarten mit verschiedenen Wörtern

Pass auf, was du sagst!

„Woher kommst du eigentlich?“

Auf den ersten Blick eine harmlos klingende Frage. Warum reagieren dann einige Menschen genervt oder fühlen sich gar ausgegrenzt?  Das Seminar „Sprache schafft Wirklichkeit“ ging der Sache auf den Grund. Auch Mitarbeitende der Jobcenter im Rahmen des Projekts „Interkulturelle Öffnung der Verwaltungen“ nahmen daran teil.

Sprache schafft Macht

„Es geht nicht darum, Ihnen vorzuschreiben, was richtig und was falsch ist“, stellt Projektleiterin Sabrina Beckmann zu Beginn des Seminars klar, „vielmehr wollen wir über die Machtmechanismen von Sprache reden, und wie wir die eigene Wortwahl besser reflektieren können“.

Sprache ist niemals neutral

Mitgenommen haben die Teilnehmenden vor allem, dass Sprache weder neutral noch objektiv ist. „Durch die Wahl unserer Worte reproduzieren wir ganz bestimmte Konventionen, Normen und Bilder. Wir verfestigen damit eine scheinbar objektive Sicht auf die Welt“, erklärt Sabrina Beckmann.

Sprache konstruiert Realität

Sprache bildet die Realität also nicht einfach ab, sondern trägt zu ihrer Entstehung bei. Wenn ich jemanden frage, woher er eigentlich kommt, unterstelle ich ihm implizit, dass er zu einem bestimmten Grad nicht Teil meiner Familie, Nachbarschaft, Stadt oder Nation ist.

Ich erkenne zwar an, dass er hier ist, „irgendwie“ ein Stück weit dazu gehört, aber „eigentlich“ andere Wurzeln in sich trägt. „Im Grunde ist dies ein Überbleibsel eines völkisch-rassistischen (Selbst-)Verständnisses von Deutsch-Sein, das mit Weiß-Sein gleichgesetzt wird“, meint Beckmann. Stellen wir dem blonden Nachbarn möglicherweise die Frage nach der Herkunft seltener...?

Seminarteilnehmende diskutieren

„Das wird man ja wohl noch fragen dürfen“

...entgegnen jetzt viele. Klar! Aber wir sollten der Macht, die wir damit ausüben, bewusst sein. Wir sollten wissen, dass man durch Sprache explizit oder implizit klassifiziert, bewertet, ausgrenzt. Auch die gesellschaftliche Position, aus der heraus gesprochen wird, hat Einfluss auf Macht und Wirkung des Wortes.

„Früher war das doch auch keine Diskriminierung“.

Das mag so sein, vielleicht wurde es von den Betroffenen auch einfach hingenommen. Doch das Argument ist schwach. Nicht nur Technik und Gesetze ändern sich von Zeit zu Zeit. Auch Sprache ist ein andauernder Aushandlungsprozess zwischen Wandel und Beständigkeit.

Diskriminierungsfreier Sprachgebrauch

Diskriminierungsfreier Sprachgebrauch ist kein Wörterbuch aus Ge- und Verboten, sondern die Fähigkeit, Mechanismen zu erkennen, sichtbar zu machen und zu reflektieren. Welche Bilder/Assoziationen schaffe ich mit bestimmten Begriffen, ob gewollt oder ungewollt? Wen meine ich mit „wir“ und „den anderen“? Würde ich die Begriffe auch für vergleichbare Phänomene auf einen anderen Kontext anwenden?

Diese Fragen gilt es sich zu vergegenwärtigen. Möglicherweise ist unsere Ausgangsfrage dann immer noch berechtigt, vielleicht ist sie aber auch hinfällig oder deplatziert, wenn wir genauer darüber nachdenken.

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