Wahlarena mit den Dortmunder OB-Kandidat*innen

Diskussion über Vielfalt und Teilhabe

Wie reagiert die Dortmunder Politik auf die Herausforderungen von Migration, gesellschaftlicher Heterogenität, dem Wunsch nach neuen Beteiligungsformen und das Erstarken von Rechtspopulismus? Dieser Frage widmeten sich die drei aussichtsreichsten Dortmunder Oberbürgermeisterkandidat*innen Thomas Westphal (SPD), Daniela Schneckenburger (Bündnis 90/Grüne) und Andreas Hollstein (CDU) im Rahmen einer zweistündigen Podiumsdiskussion am 27. August im Dietrich-Keuning-Haus.

Auch auf Themen wie Wohnungspolitik, Klimaschutz, Kriminalitätsbekämpfung, Kinderbetreuung und Digitalisierung wurde auf Wunsch der rund 90 Gäste eingegangen. Eingeladen hatten die Alevitische Gemeinde Dortmund in Kooperation mit uns, dem Verein Kamerunischer Ingenieure und Informatiker sowie dem Projekt „Nordfunken“. Moderiert wurde die Veranstaltung durch die freie Autorin und Redakteurin Najima El Moussaou.

Einbindung der neuen Zivilgesellschaft

Gleich zu Beginn fasst der Co-Moderator Ismail Köylüoglu von der Alevitischen Gemeinde Dortmund die zukünftigen Herausforderungen zusammen:

„Aus den tiefgreifenden demografischen und migrationspolitischen Entwicklungen sind viele neue zivilgesellschaftliche Initiativen, Organisationen und Netzwerke hervorgegangen, welche die Stadtgesellschaft aktiv gestalten möchten.“

Die Forderung nach mehr Beteiligungsmöglichkeiten stößt bei allen drei Kandidat*innen auf Zustimmung. Vorgeschlagen werden in dem Zusammenhang etwa Bürgerwerkstätten (Hollstein), Jugendforen (Westphal) oder Fokusgruppen im Stadtteil (Schneckenburger). „Es muss aber auch mit einzelnen Menschen direkt gesprochen werden, auf sie zugegangen werden“, ergänzt Sarah vom Jugendforum Nordstadt. Nur auf diese Weise könne man unmittelbar erfahren, welche wo der Schuh drücke.

Aktive Publikumsbeteiligung

Viele der Anwesenden nutzen im weiteren Verlauf des Abends diese Gelegenheit und drücken ihre Sorgen und Erfahrungen aus. Lukas möchte wissen, was die Kandidat*innen konkret für die Jugendlichen in der Nordstadt anbieten können. Charles prangert die Abschiebepraxis der Behörden an, die teilweise über Nacht Menschen abschieben, die längst Arbeit gefunden haben und ein Teil der Stadtgesellschaft geworden sind. Auch persönliche Diskriminierungserfahrungen durch Polizisten, fehlende Kitaplätze und Sicherheitsängste in öffentlichen Parkanlagen werden angesprochen.

Besonders ergreifend ist die Schilderung von Gamze Kubaşık, Witwe des im Jahr 2006 durch den NSU ermordeten Dortmunders Mehmet Kubaşık, über die Verhöhnungen durch Rechtsradikale, beispielsweise durch gezielte Aufmärsche am Todestag ihres Mannes direkt vor ihrer Wohnung. Die Kandidat*innen reagieren mit Entsetzen darauf und fordern allesamt ein Ende dieser unerträglichen Zustände.

Plädoyers für Vielfalt

Ein wichtiges Thema für eine Stadt, in der gut jede*r Dritte Migrationserfahrungen aufweist, ist natürlich auch der Umgang mit kultureller Vielfalt. Thomas Westphal betont, dass Vielfalt eine wichtige Ressource sei, die es entsprechend zu nutzen gelte. "Nur bunt sein reicht nicht", merkt er an. Ähnlich sieht es auch Andreas Hollstein: "Vielfalt ist zunächst für uns alle eine Herausfroderung. Führt man sie jedoch richtig zusammen, ist es eine echte Bereicherung".

Zustimmung auch bei Daniela Schneckenburger. Ihr geht es darum, dass Vielfalt auch wertgeschätzt wird. Als Beispiel führt sie bilinguale Kindergärten an, in denen Mehrsprachigkeit grundsätzlich als Potenzial gesehen wird, auch jenseits der Schulsprachen Englisch oder Französisch. 

Einigkeit im großen Ganzen - Differenzen bei der Umsetzung

So groß der Konsens über die grundsätzlichen Ziele und Herausforderungen auf Seiten der Kandidat*innen auch ist, in der konkreten Umsetzung kristallisieren sich doch einige Unterschiede heraus:

Thomas Westphal erklärt insbesondere die Wohnungspolitik zur Chefsache, steht für die Stärkung kommunaler Mischbetriebe und für mehr Sicherheit an öffentlichen Plätzen. Andreas Hollstein möchte u.a. die Wohnungsknappheit durch effizientere Verfahren und den Aus- bzw. Umbau von Altbaubeständen reduzieren, die Kompetenzen der Freiwilligenagentur zur besseren Unterstützung von Vereinen und Initiativen erweitern und mehr Grünflächen für Dortmund realisieren. Besondere Anliegen für Daniela Schneckenburger sind die Einrichtung eines Antirassismusbüros bei der Stadt, der Ausbau von Fahrradwegen und öffentlichem Personennahverkehr sowie mehr kulturelle Vielfalt in der Stadtverwaltung.

Wiedersehen zur Zwischenbilanz

Egal, wer am 13. September oder möglicherweise zwei Wochen später das Rennen machen wird, alle drei Kandidat*innen sagten bereits für eine erneute Diskussion zu, in der eine Zwischenbilanz des Erreichten gezogen werden soll.

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