Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel

Seminarteilnehemende diskutieren über Arbeitsausbeutung und Menschenhandel

Seminar zu Entwicklungen, Rechtsgrundlagen, Indikatoren und Handlungsoptionen

Laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) waren im Jahr 2017 weltweit über 16 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Auch in Deutschland existiert dieses Phänomen in verschiedenen Branchen wie etwa dem Bausektor, der Landwirtschaft oder der Gastronomie. Zudem wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Aus Unkenntnis über ihre Rechte in Deutschland, aus Angst vor persönlichen Repressalien oder dem Verlust der einzigen Einnahmequelle verschweigen die meisten Opfer ihre prekäre Lage.

Vortrag zum Thema Arbeitsausbeutung und Menschenhandel

Wo fängt Arbeitsausbeutung an, wann spricht man von Zwangsarbeit, wie kann ich als Behördenmitarbeiter*in Warnsignale erkennen und welche Handlungsmöglichkeiten gibt es? Diesen und weiteren Fragen gingen 15 Vertreter*innen aus Jobcentern und Kommunalverwaltungen am 4. Juni 2019 im Bürgeramt Hamm-Herringen auf den Grund.

 

Eingeladen hatte das Multikulturelle Forum im Rahmen seines Projekts „VielfaltPlus – Interkulturelle Öffnung von Verwaltungen“. „Ziel des Seminars ist es, Begrifflichkeiten zu klären, alltagstaugliche Hinweise zu vermitteln, vor allem aber den kollegialen Austausch zwischen den Behörden zu fördern“, erklärte Projektleiterin Sabrina Beckmann.

Diskussion zum Thema Arbeitsausbeutung und Menschenhandel

Fachinput gaben an diesem Tag Referentinnen von der Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel in Trägerschaft von Arbeit und Leben DGB/VHS Berlin-Brandenburg. Unter anderem erörterten sie gemeinsam mit den Teilnehmenden anhand von Fallbeispielen die verschiedenen Formen von Zwang und Ausbeutung, und wie diese im Gespräch mit vermeintlich Betroffenen ermittelt werden können. „Suggestivfragen, die den Betroffenen konkrete Opferindizien in den Mund legen, helfen hier wenig“, erklärte Servicestellenleiterin Katharina Lahr, „vielmehr geht es darum,  persönliche Lebenskontexte in einem vertrauensvollen Gespräch zu erfragen und zu dokumentieren.“

Zu diesem Zweck stellte die Servicestelle den Teilnehmenden eine Checkliste zur Verfügung, mit denen sie Details u.a. zu Täuschungen bei der Anwerbung, überhöhten Vorausgebühren, Lohnverweigerungen, schlechter Unterbringung und Unstimmigkeiten im Arbeitsverhältnis bei ihren Kunden erfragen können.

Vortrag zum Thema Arbeitsausbeutung und Menschenhandel

Hauptkommissar Heiko Braunsdorf von der Kriminalpolizei Dortmund berichtete anschließend über verschiedene Fälle gewerbs- und bandenmäßigen Menschenhandels. Die Betroffenen stammen häufig aus Südosteuropa, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen leben. Zudem wissen sie so gut wie nichts über ihre Rechte in Deutschland und haben ein tiefes Misstrauen gegenüber Behörden, was sie leicht zu Opfern werden lasse, erklärt Braunsdorf. Dies bestätigte auch Catalina Guya von der Beratungsstelle für Beschäftigte aus Osteuropa in Düsseldorf, die ebenfalls an der Diskussion teilnahm.

Abschließend stellte sich die Frage, wie Behördenmitarbeitende in ihrem Arbeitsalltag Opfern besser helfen können. In erster Linie müssen diese Menschen Vertrauen in die hiesigen Institutionen gewinnen, so die einhellige Meinung. Ist dieser Schritt erreicht, geht es vor allem um Aufklärung und Ermutigung der Betroffenen. Auch ein starkes Netzwerk vor Ort sei wichtig, um weitere Schritte zeitnah einleiten zu können.

Das Seminar war Teil der Schulungsreihe für Mitarbeitende der Jobcenter in Dortmund, Hamm, dem Kreis Unna und Gütersloh sowie der Polizei Dortmund, der Stadt Hamm und der Justizvollzugsanstalt Iserlohn im Rahmen des Projekts „VielfaltPlus – Interkulturelle Öffnung von Verwaltungen“, das aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds kofinanziert wird.

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